SV 63 Brandenburg - Grünheider SV 33:33

Kein Happy End im Handballthriller

Martin Terstegge


Foto: Terstegge
Foto: Terstegge

Brandenburg (MOZ) Die Oberligapartie zwischen dem SV 63 Brandenburg-West und dem Grünheider SV wirkte wie von einem Hollywood-Drehbuchschreiber erdacht. Bloß, dass aus Sicht der Gastgeber das Happy End versagt wurde. Die Gäste, die als Tabellenzweiter leicht favorisiert galten, erzielten zwar das erste Tor, es sollte aber für lange Zeit die letzte Führung gewesen sein. Die Gastgeber, die auf Gregor Teichert und Leroy Fleischer verzichten mussten, waren von Beginn an auf dem Feld präsent. In der Abwehr gut zupackend und vorn den sicheren Abschluss suchend, konnten sie bis zur 9. Minute auf 6:2 enteilen. GSV-Trainer Tobias Matelicz nahm eine Auszeit, die aber nur kurzfristig Wirkung zeigte.

Die Grünheider versuchten mit hartem Einsatz den Angriffsschwung der Brandenburger zu stoppen, was aber nur bedingt gelang. Tim Wollweber musste am Kreis viel einstecken, nutzte aber weitestgehend seine Möglichkeiten. Ab der 21. Minute wusste dann auch Sebastian Ackermann, wo das gegnerische Tor stand. Er ließ noch bis zur Halbzeit vier weitere Treffer folgen, sodass die einheimischen Fans beim Gang in die Kabine eine 19:15-Führung beklatschen konnten.

Die bange Frage, ob die Hausherren mit dem Wiederanpfiff an die gute Leistung anknüpfen konnten, beantworteten die West-Handballer positiv. Sie konnten. Für die Gäste gab es weiterhin kaum ein Durchkommen, während bei den Brandenburgern Ackermann, Wollweber, Wojciech Lipinski und Tommy Käselau bis zur 43. Minute den Vorsprung auf 26:21 ausbauten. Diese Fünf-Tore-Führung sollte nicht reichen. Jetzt zeigten die Grünheider, warum sie in dieser Saison bislang erst eine Niederlage kassierten. Sie spielen keinen Handball vom anderen Stern, überzeugen aber durch immensen Einsatzwillen, geben sich nicht vorzeitig geschlagen. Jedes Gegentor konterten die Gäste mit einem Treffer per schneller Mitte. Beide Reihen agierten mit offenem Visier, wobei die Toreffektivität beim Liga-Zweiten anstieg. In der 47. Minute nahm Trainer Dietmar Rösicke Andy Witowski aus dem Tor. Er hatte starke Szenen, kassierte aber auch einige haltbare Würfe. Denny Alpers fügte sich gleich mit einer tollen Parade ein, leitete einen Konter zu Lipinski ein, der zum 29:26 traf.

Der Widerstandsgeist der Grünheider war damit aber noch längst nicht gebrochen. Wie aufgepeitscht begaben sie sich auf die Aufholjagd. Aus jeder gelungenen Aktion - egal ob im Angriff oder Abwehr - zogen sie neue Motivation um in der West-Halle zu bestehen. In der 53. Minute traf Käselau - der die krankheitsbedingte Abwesenheit Fleischers nutzte, sich gut in die Mannschaft einfügte - zum 31:29, doch binnen drei Minuten drehten die Gäste das Spiel. In der 56. Minute lagen sie mit 32:31 vorn. An Spannung war die Partie zu diesem Zeitpunkt kaum zu überbieten, doch für die Schlussminuten hatte sich der "imaginäre Drehbuchschreiber" noch etwas besonderes überlegt. In der 58. Minute waren die Gastgeber in Unterzahl bei eigenem Angriff. Rösicke nahm Alpers aus dem Tor, brachte dafür einen zusätzlichen Feldspieler. Der Trick griff, Tom Kryszon glich zum 32:32 aus. Nun zeigten die Grünheider Nerven, leisteten sich in der Offensive einen Fehlversuch.

Elf Sekunden vor dem Ende sollte dann das große Finale des Spiels folgen. Lipinski, der in dieser Saison eigentlich nur als Siebenmeterschütze auffiel, hätte der "Held des Abends" werden können. Als er aufgrund der Ausfälle schon in der ersten Hälfte in die Mannschaft rückte, unterliefen ihm, wie schon häufiger zuvor, dumme Fehler, da er übermotiviert zu viel auf einmal wollte. Rösicke nahm den Polen herunter, doch nur um ihn neu "zu erden", nochmals darauf hinwies, was seine Aufgabe ist. Schön auch die Szene, als er wieder ins Spiel eingriff und Ackermann ihn an seiner Seite mit Worten frisch motivierte.

Und Lipinski gab das Vertrauen zurück, bis auf zwei Fehlversuche versenkte er seine Möglichkeiten von Linksaußen und auch die Gelegenheit elf Sekunden vor Schluss zu 33:32-Führung. Doch anstatt den nächsten Angriff sofort zu unterbinden, kommen die Gäste vier Sekunden vor der Sirene von der halblinken Seite zum Wurf, der zwar scharf aber nicht unhaltbar im rechten oberen Toreck einschlug. Die Gäste feierten das 33:33 wie einen Sieg, für die Gastgeber war es im ersten Moment wie eine Niederlage. Nachdem Spielverlauf ist das Unentschieden auch als Punktverlust zu werten. Die West-Akteure haben es versäumt sich für ihren couragierten Auftritt zu belohnen. Allerdings werden sie aber auch von keiner Mannschaft mehr unterschätzt, sie haben sich den Ruf als gutes Handballteam verdient erspielt.

Kommenden Sonnabend (12. Oktober) haben die Brandenburger erneut ein Heimspiel, Gegner ist die Reserve der Füchse Berlin. Die Füchse stellen die torgefährlichste Vertretung der Oberliga Ostsee/Spree. Die West-Handballer müssen ihre Angriffe zielgerecht ausspielen, leichtfertige Aktionen werden durch Konter bestraft.

 

West: Witowski, Alpers, Lipinski 7/3, Witt, Richter 2, Wollweber 4, Käselau 4, T. Kryszon 2, P. Kryszon 5, Ackermann 8, Müller 1.